Wie ich mit Parfum unseren entlaufenen Hund Gucci aus dem Spessart-Wald zurückholte!

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Es ist jetzt fast ein Jahr her. Es war am Muttertag 2017 und wir fuhren zu meinem Bruder nach Leidersbach um uns dort mit den Müttern zu treffen. Es war wunderbares Wetter, die Sonne schien. Erdbeerkuchen, Himbeertorte, Sekt und gute Laune. Ivo wollte noch Gassi gehen, denn unser Beagle Gucci brauchte ihren Auslauf, meine zwei Neffen freuten sich auf den Ausflug mit Hund und Herrchen und sie zogen von dannen. Der Rest der Familie ließ es sich in der Sonne gutgehen, bis sie so langsam unterging, es kühler wurde und wir uns alle fragten, wo denn die Hundetruppe blieb. Gegen Abend schon fast kamen die Kiddys außer Atem die Treppen hoch und riefen schon von weitem: die Gucci ist weg! Ich konnte es fast nicht glauben, sie machen ja öfter mal Scherzchen, aber schließlich kam Ivo an und bejahte die Aussage der Kinder: Gucci war abgehauen. Angeblich war ein junges Reh im Wald gelaufen und sie hatte die Fährte aufgenommen. Einfach so. Hörte nichts mehr, sah nichts mehr. Außer das Reh, das da lief. Und unsere Gucci einfach hinterher. Tja, und sie war eben nicht an der Leine. Im riesigen Spessart nicht an der Leine, Ivo, hörte ich mich sagen… „wie kannst Du den Hund nicht an der Leine nehmen!! Jetzt, in der Brunftzeit, junge Rehe, Hasen und Jäger, die auch auf Jagd sind!“ Egal, Vorwürfe brachten nichts, ich zog mir bequeme Sachen an und wollte selbst los und hoffte, dass sie mein Rufen doch hörte und wieder kam. Die Kiddies gingen mit. Die Wege dort sind steil und lang und irgendwann kamen wir zur der Stelle, an der Gucci wohl weggerrant war. Und ich rief sie, immer wieder ihren Namen und schrien: Leckerliiiiii, ständig und immer wieder, worauf sie normalerweise immer kam. Aber sie kam nicht. Den ganzen Abend nicht. Den ganzen nächsten Tag nicht. Und den übernächsten auch nicht. Wir waren verzweifelt. Ich übernachtete bei meinem Bruder mit der Hoffnung, dass sie über Nacht ihr Körbchen roch, das wir auf der Terrasse aufgestellt hatten, ich legte Wurst und Futterle an die Stelle, an der sie ausgebüchst war. Nichts. Gar nichts. Nur ab und an ein Schuß von irgendwelchen Jägern, was mir noch mehr Angst machte. Gucci war unsere 1. Felltochter unser 1. Baby, so nannten wir sie. Sie war ein vollkommenes Familienmitglied und verwöhnt, verhätschelt und über alles von uns geliebt. Unser Kind war weg.

Ein Albtraum, der nicht enden wollte

Natürlich hatten wir sämtliche Tierheime, Polizei, Tasso, Umgebung kontaktiert, Aushänge gemacht und Suchaktionen seitens unserer ganzen Familie gestartet. Ivo und ich fuhren den Spessart rauf und runter, riefen, sprachen Leute an, und fuhren durch die umliegenden Gemeinden und Dörfer, die Straßen ab, immer die Angst im Nacken irgendwo könnten wir sie tot am Straßenrand liegend finden.

Am dritten Tag, ich übernachtete wieder zu Hause, telefonierte ich alle umliegenden Gemeinden im Umkreis von 20 bis 50 km ab um sie zu fragen, ob nicht ein Hund gesehen wurde. Und falls ich keinen erreichte, sprach ich auf Band und hinterließ mein Sprüchlein mit der flehenden Bitte, sich zu melden, wenn ein Beagle mit rotem Dreieckstuch gesichtet worden wäre. Ich schaute mir Leidersbach und den Spessart auf Google Earth von oben an und versuchte auch mal meine Intuition sprechen zu lassen. Mein Bauchgefühl sagte, sie ist weit gelaufen. Sehr weit. Und ich glaubte, dass sie sogar unsere Adresse in Bad Soden anpeilte. Wie oft hörte man in den Medien, dass ein Hund von so weit weg wieder den Weg nach Hause fand, über lange Kilometer hinweg.

Ein Förster. Mehrere Weisheiten. Eine Hoffnung.

Bedingt durch die Schüsse, die immer wieder mal im Wald zu hören waren, rief ich Gemeinden an um an die Telefonnumern von Jägern und Förstern zu gelangen, um diese zu bitten n i c h t  auf einen Hund, einen Beagle zu schießen, der im Wald herumirrte. Ich erfuhr aber, dass heutzutage so schnell nicht auf Hunde geschossen wird, da 1. Förster und Jäger keine Unwesen sind, 2. sie wissen, dass jeder Hund meistens ein Frauchen und Herrchen hat, und diese Ängste aussitzen, 3. Förster und Jäger selbst meistens Hunde haben und auch nicht wollten, dass ihr Hund einfach abgeknallt würde.

Das beruhigte mich ungemein, und so hatte ich ein sehr interessantes Gespräch mit einem Förster, der gerade nicht im Dienst war und mir folgendes erklärte:

  • Beagle sind neben dem dt. Schweisshund und der dt. Bracke die bestriechendsten Hunde, die es gibt
  • d.h. alles läuft bei ihnen über den Geruch, ihre Nase
  • Hunde schlafen nachts und laufen, sobald die Sonne aufgeht
  • Hunde kommen an den Platz, an dem man sich vor kurzem noch aufgehalten hat und an dem sie verloren gegangen sind
  • Niemals an verschiedene Plätze fahren und rufen und schon nach 5 Minuten weiter fahren! Denn Hunde nehmen die Fährte, das Rufen ihres Namens auf und machen sich auf den Weg zu ihrem Frauchen und Herrchen zu laufen. D.h. sie nehmen die Witterung auf. Das Laufen kann allerdings dauern, wenn die Entfernung sehr groß ist. So kommt es häufig vor, dass der Hund erst nach 20 Minuten an die Stelle kommt, wo Frauchen und Herrchen gerufen hatten. Er kommt alsos an die Stelle, aber diese sind schon wieder weitergefahren. Im Grunde ein Hase-Igel-Spiel, so dachte ich es mir .

Mir fiel ein, dass wir genau d i e s e n Fehler begangen haben. Wir sind wie bekloppt durch die Gegend gefahren, sind ausgestiegen und haben immer gerufen, und vielleicht hat sich Gucci immer wieder auf den Weg gemacht und als sie da war, waren wir schon wieder weg.

Und genau so war es im Nachhinein!

Weiterhin rief ich bei den Gemeinden an, der Gemeinde Bessenbach, ca. 20 km von Leidersbach hinterließ ich mein Sprüchlein und meine Telefonnummer. Auf einmal erhielt ich eine Nachricht auf meinem Anrufbeantworter, ich solle mich bitte mal melden. Aufgeregt wählte ich die Nummer und bekam folgendes zu hören: die Dame von der Gemeinde erzählte mir, dass sie den Abend zuvor mit ihrem Mann am Waldrand spazieren war und sie haben einen Mann gesehen, der versucht hat einen Beagle mit rotem Halsband einzufangen, der aber immer scheu wieder abhaute. Am nächsten Tag hätte sie es ihrer Kollegin erzählt, die sich erinnterte auf dem Band meine Nachricht von dem entlaufenen Hund gehört zu haben. Also wusste ich: BESSENBACH war der Ort, an dem sich unsere Gucci zumindest kurzzeitig aufhielt! Bingo!

Ich rief meinen lieben Mann Ivo auf der Arbeit an, (der jeden Abend nach seinem Job ins Gebiet fuhr um sie zu suchen!!) und schilderte ihm das. Wir freuten uns wie verrückt, hieß es ja schon einmal, dass sie lebt!!!

Dann kam noch ein entscheidender Hinweis. Auf Facebook war inzwischen auch eine Suchaktion gestartet worden, meine liebe Schwägerin Tanja organisierte Facebookgruppen, denen sie angehörte und schilderte den Vorfall, auch meine liebe Freundin Petra ließ über Facebook eine Suchaktion starten, da sie in dem Umkreis Freunde hatte.
Tatsächlich kam auf meinem Handy folgende Nachricht an: in Oberbessenbach wurde ein Beagle mit rotem Halsband vor dem REWE gesehen, und er wurde versucht einzufangen, aber es gelang wohl keinem, weil er scheu war.
OBERBESSENBACH also war der Ort, an dem unsere Gucci sich befand, sich befinden musste. Zumindest in diesem Umkreis. Und dann ging auf einmal alles ganz schnell:

Ich zählte eins und eins zusammen, mein Hirn schaltete und irgendwie wurde ich auf einmal innerlich ganz ruhig, gefasst und wild entschlossen. Ich würde unseren Hund heute zurückholen.
Und wenn ich im Spessart ein Zelt aufschlagen würde – Und zwar mit Hilfe der Tipps, die mir der Förster noch einen Tag zuvor gab.

  • Beagle sind neben dem dt. Schweisshund und der dt. Bracke die bestriechendsten Hunde, die es gibt,
  • d.h. alles läuft bei ihnen über den Geruch, ihre Nase
    – Das hieß für mich: Einpacken folgender Dinge: Kissen, Spielsachen, Decken von Gucci und vor allem gut riechende Kleidungsstücke von uns:
    – T-shirts, Socken, Unterwäsche und natürlich: Futterle!!!!! Den ganzen Sack nahm ich mit!!! Und: Jetzt kommts: mein Parfum!!! Zum damaligen Zeitpunkt „Decadence“ von Dior.
  • Hunde schlafen nachts und laufen, sobald die Sonne aufgeht: das hieß für mich: um spätestens 4 Uhr aufstehen, und in den Ort fahren, damit ich noch dort bin, wenn die Sonne aufgeht
    – d.h. ich fragte, ob ich bei meinem Bruder übernachten könnte, da ich früh um 4 Uhr die Gucci suchen wollte, klar, kein Thema,

Ich fuhr abends gegen 7 Uhr Richtung Aschaffenburg (hatte vorher noch einen Bügeltermin wahrgenommen bei meiner Freundin Brigitte, wie komisch : ))
es wurde schon dunkel, es machte mir nichts aus. Dort angekommen wartete schon Ivo im Auto auf mich, er war fix und fertig, da er direkt nach der Arbeit schon dorthin fuhr um sie zu suchen. Aber alles rufen und suchen half nichts.
Ich löste ihn sozusagen ab und er fuhr heim

Ich begann meinen Plan umzusetzen

Ich ließ mich auch von meinem Instinkt leiten. Dort im Ort angekommen fuhr ich langsam im menschenleeren Ort umher. Ich stieg an einer Stelle aus, die dunkle Nacht war sternenklar, die Natur roch wunderbar, Gras frisch gemäht und der Wald dunkel am Horizont. Und ich hatte das starke Gefühl. Sie ist hier. Irgendwo. Wird sie gerade liegen oder sich ein Schlafplätzchen suchen.

Ich zündete Stufe 1: Ich fing an zu rufen. Immer wieder. Ihren Namen und „Leckerliiiiiiiii“. Nachts im Dunkeln irgendwohin ins Nichts. Aber die Worte vom Förster haben sich bei mir eingebrannt. „Hunde laufen, sobald sie die Stimme hören los, aber es kann lange dauern, bis sie ankommen!!“

Jetzt startete ich Stufe 2: Ich suchte einen geeigneten Platz, den ich präparieren wollte. Fand ihn in der Nähe von einem Bach, an einer Weggabelung, an der eine Holzbank stand. Prima, dachte ich mir, auf der könnte ich ja auch schlafen. Es befanden sich dort auch ein Busch, ein Holzstapel und Grasfläche.
Aus dem Kofferraum holte ich meinen Sack mit den beschriebenen Utensilien, diese breitete ich auf diesem Rasenstück aus, legte unser schönes, cremefarbenes Kissen aus, und streute über die ganze Stelle Hundefutter, den ganzen Sack, der noch halbvoll war, verteilte ich überall. Und dann kam meine Spezialidee zum Einsatz: ich nahm mein kostbares Parfum, sprühte es auf eine Decke und legte diese über den Busch. Anschließend stellte ich mich an den Weg und sprühte auf Bäume und in die Luft und dabei rief ich ständig Gucci, Gucci, Leckerli, kommm her, hiiiiiiiiiiiiiieeeeeerher, komm her Mäuschen, aber schnell, kommmst Du jetzt mal her. ..“

Das Prozedere dauerte ca. 20 Minuten, zum Glück war kein Mensch um diese Uhrzeit unterwegs. Es war inzwischen ca. 23.30 Uhr.

Als ich mit meinem Werk zufrieden war, aber leider keine Gucci weit und breit zu sehen oder zu hören war, fuhr ich nach Leidersbach um mich dort hinzulegen.

Um Punkt 4 Uhr stand ich auf. Mit den Vögeln, die in einem wunderbaren Pfeifkonzert den Tag begrüßten. Unmengen von Vögeln, es ist doch so schön sich in der Natur zu befinden und um diese Uhrzeit aufzustehen ist doch etwas besonderes. Wäre schon schön, wenn man nicht grundsätzlich vom Typ her eine Eule ist, wie ich und keine Lärche. ; ))
Ich schrieb noch einen Zettel, auf dem stand, dass ich heute unsere Gucci zurückhole. (Zum Glück hat ihn Tanja abfotografiert und mir geschickt)
Leise schlich ich mich aus dem Haus und startete meinen Porsche, der mal eben die Nachbarschaft aufweckte. Mit seinem wunderbaren Sound.

Durch schöne Landschaft und mit aufgehender Sonne fuhr ich mit guter Laune, Abenteuerlust, und einer riesen Entschlossenheit Richtung Bessenbach, zu der Stelle, die ich so schön präpariert hatte. Kein Mensch um diese Zeit auf den Straßen, alles für Dich allein. Ein interessantes Gefühl mischte sich mit Vorfreude.

Ich fuhr in den Ort, kam an den Kreisel, fuhr über den Bach, an die Weggabelung, sah vom Auto aus die Holzbank und kam in der Weggabelung zum Stehen.

Ich machte den Motor aus. Öffnete die Wagentür und mein Blick fiel auf die präparierte Stelle. (Jetzt im Moment habe ich Gänsehaut, als ich das schreibe und mir kommen fast wieder die Tränen)

Hinter dem Busch lugt unsere Gucci hervor und läuft direkt auf mich zu. Sie jaunert ganz schlimm, piepsend und mit traurigem Blick kommt sie auf mich zugewackelt, ich falle fast aus dem tiefen Wagen, gehe auf die Knie und wir heulen beide, ich drücke sie ganz doll und setze mich wieder in den Wagen und sie hüpft mir sofort auf den Schoß und ich schließe ganz schnell die Wagentür, damit sie nie wieder wegglaufen kann. (So und während ich das jetzt schreibe laufen mir die Tränen nur so runter und ich bin so dankbar, so erleichtert, so voller Glück, dass dieser Albtraum ein Ende gefunden hat, inzwischen ist es 00:48 Uhr, die 8, meine Glückszahl halt : )

So, auch auf diesem Weg möchte ich mich bei allen beteiligten für Ihre Hilfe, Verständnis und Geduld bedanken!!!!
Die wertvollen Tipps des Försters haben mich so handeln lassen, vielleicht auch noch die Englein, oder wer weiß, wer : )))))
Am liebsten würde ich diese Tipps gerne weitergeben, wer Ideen hat, wie man diese Erfahrungen weitertragen kann…. immer her damit.

Oder wer hat auch schon seinen Hund verloren und wiedergefunden?

Mich interessiert Eure Story!

 

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